The Narco News Bulletin |
August 15, 2018 | Issue #40 |
narconews.com - Reporting on the Drug War and Democracy from Latin America |
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„Sie haben ihr Wort gegeben und sagen, dass sie entschlossen sind und dass sie nicht aufgeben werden."
Der Subcomandante Marcos (Delegierter Null) bei einer Pressekonferenz, während der er über das Treffen mit politischen Gefangenen im Gefängnis von Santa María Ixcotel in Oaxaca-Stadt am 8. Februar 2006 informierte.
Beinahe 11 Jahre nachdem die mexikanische Regierung Haftbefehle gegen ihn ausstellte, betrat der Subcomandante Marcos in seiner neuen Rolle als Delegierter Null das Gefängnis von Santa María Ixcotel in Oaxaca-Stadt aus freiem Willen, nicht um sich zu ergeben sondern um sich mit den politischen Gefangenen zu treffen, die im Aufbau der „der nationalen rebellischen Bewegung" aktiv sind, die auch unter dem Namen die Andere Kampagne bekannt ist. Die mexikanische politische Klasse kann angesichts der massiven Unterstützung des Volkes auf nationaler und internationaler Ebene und insbesondere, da dies ein Wahljahr ist, wenig mehr tun, als so zu tun, als ob sie die Themen ignorierten, vor deren Berührung sie Angst haben. Am 8. Februar 2006 aus einer Demonstration von hunderten Sympathisanten und Journalisten betrat der Delegierte Null das Gefängnis von Ixcotel und verließ es mit einer explosiven Botschaft:
(Die politischen Gefangenen) haben ihr Wort gegeben, dass sie entschlossen sind und nicht aufgeben werden. Sie sehen das Gefängnis als einen weiteren Ort des Kampfes an und in einigen Wochen werden sie anfangen, als Teil ihrer Teilnahme an der Anderen Kampagne, eine Reihe von Aktivitäten in Angriff zu nehmen. Wir werden diese Aktivitäten abwarten, die sie zur Unterstützung unseres Kampfes durchführen werden und wir hoffen auch, dass diese Stimmen, die wir gehört haben, weit reisen, sogar in andere Länder.
Photo: D.R. 2006 RJ Maccani |
In dem Restaurant sitzend, in dem sie in Oaxaca-Stadt arbeitet, erzählte mir Donanciana Antonio Almaraz die Geschichte ihrer Heimat, in die sie nicht zurückkehren kann. Rund sechs Autoreisestunden in südlicher Richtung von Oaxaca-Stadt entfernt ist die Region Loxicha die Heimat von 5.000 Zapoteken, die in 32 Gemeinschaften leben. 1965 kamen die caciques nach Loxicha. Sie verbrannten Häuser und schossen ungestraft auf die Mitglieder der Gemeinschaft. Sie nahmen das fruchtbare Land für sich und kontrollierten die Kaffeeproduktion der Region. Weder die mexikanische Bundesregierung noch die des Staates Oaxaca griff ein und es waren die Bauern selbst, die für Gerechtigkeit kämpften und nach einem fünfjährigen Kampf verjagten sie 1970 die caciques und begannen mit dem Wiederaufbau ihrer Gemeinschaften.
1980 hatten die Zapoteken von Loxicha ihre traditionelle Regierungsform wiedererrichtet und wählten ihren Bürgermeister in einer Versammlung und ohne politische Parteien auf die indianische Regierungsweise der „Sitten und Bräuche". Aber als eine bewaffnete Organisation mit dem Namen Ejército Popular Revolucionario (Revolutionäre Volksarmee), (EPR) 1996 in der Nachbarregion Crucesito Huatulco auftauchte, ergriffen die caciques und ihre Freunde in der Regierung die Gelegenheit um die Kontrolle über Loxicha zurückzuerlangen. Unter dem Vorwand die EPR zu verfolgen, kehrten sie mit Hubschraubern und Panzern zurück, um die Zapoteken zu brechen und die Kontrolle über den Kaffee zurückzuerlangen. Zu Anfang verhafteten sie Lehrer und Vertreter der indianischen Regierung einschließlich des Bürgermeisters Agustín Luna Valencia und 1997 nahm die Staatsregierung von Oaxaca mehr als 100 Einwohner von Loxicha fest. Neun von ihnen sitzen bereits seit 9 bzw. 10 Jahren in Ixcotel und anderen Gefängnissen ein, wo sie mit den Mitgliedern ihrer Gemeinschaften zusammentreffen, die später festgenommen wurden. Die caciques und ihre Totschläger sind in Freiheit und operieren weiterhin mit relativer Straflosigkeit und haben in den Jahren seit der Attacke 50 Personen „verschwinden lassen".
Die Repression ging weiter in Loxicha und wurde im letzten Jahr noch schlimmer. Donacianas Bruder war dabei, die Gemeinschaft zu organisieren, damit sie die politischen Parteien ein weiteres Mal ablehnte und die Stadtregierung friedlich durch Versammlungen und „Sitten und Gebräuche" bestimmte, als er am 30. September vergangenen Jahres ermordet wurde... zwei Tage vor den Kommunalwahlen. Seit der Ermordung ihres Bruders lebt Donaciana als Flüchtling in Oaxaca-Stadt, weil sie mit Entführung bedroht wurde für den Fall, dass sie heimkehrt.
„Wir sind an der Seite der Zapatisten, weil wir in der selben Situation sind", sagt sie mir. Die Mitglieder der Gemeinschaft von Loxicha waren kürzlich in einem Radioprogramm, das sie mit der Gemeinschaft von Acteal in Chiapas verband, wo 45 Männer, Frauen und Kinder durch Paramilitärs ermordet wurden, während sie eine Messe feierten. Bezüglich der Anderen Kampagne kommentiert Donaciana, dass „alle Parteien Hunde sind. Sie sind alle gleich ... alle kaufen Stimmen und am schlimmsten ist die PRI (Partido Revolucionario Institucional, die Mexiko 70 Jahre lang regierte)."
Photo: D.R. 2006 RJ Maccani |
In seinem Bericht an die Demonstranten und die Medien, die sich außerhalb von Ixcotel versammelt hatten, bezeichnete der Delegierte Null den Kampf der Gefangenen als zentral und spielte auf eine der Weisen an, wie die Andere Kampagne sich vielleicht mit dem „intergalaktischen" Aspekt der Sechsten Deklaration aus dem Lakandonischen Urwald verbinden ließe:
„Wir werden ihre Fälle und die Fälle anderer politischer Gefangener vor die Gerichte bringen und das falsche Bild zerstören, dem zu Folge hier in Mexiko nichts passiert. Wo auch immer ein Vertreter der mexikanischen Regierung auftritt oder auf einem internationalen Forum spricht, wird ihn der Schatten, den diese politischen Gefangenen in diesem Land werfen, begleiten... Wir als Zapatisten sind entschlossen und wir werden auch die anderen Organisationen und alle Teilnehmer der Anderen Kampagne aufrufen, den Kampf für die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Annullierung sämtlicher Haftbefehle, seien sie auf kommunaler Ebene, auf der Ebene eines Staates oder auf nationaler Ebene gegen die Kämpfer für soziale Gerechtigkeit ausgestellt worden, an den ersten Platz dieser Rundreise zu setzen."
Die politischen Gefangenen von Ixcotel haben sich nicht nur der Sechsten Deklaration aus dem Lakandonischen Urwald angeschlossen, sondern haben sich zu einer Reihe von Veranstaltungen und Aktionen verpflichtet, die sie in den nächsten Wochen durchführen werden. Auf diese Weise haben sie ein mutiges Beispiel für den Rest ihrer compañeros gegeben, die innerhalb oder außerhalb der Gefängnisse des sehr repressiven Staats von Oaxaca kämpfen.
Wenn ihr weitere Informationen über die politischen Gefangenen in Oaxaca haben oder direkt zu ihnen Kontakt aufnehmen wollt, nehmt Kontakt zum Kollektiv Tod@s Somos Pres@s auf: todos_somospresos@hotmail.com